Annabelle fährt im Juni zu den Special Olympics nach Berlin

Wer die Zwölfjährige aus Borna sieht, kann sich das nur schwer vorstellen. Sie ist lebhaft und lacht gern und viel. Andere würden sagen, dass sie behindert ist. Annabelle sagt: „Ich bin nicht behindert, ich habe Down-Syndrom.“ Eine Krankheit, auch Trisomie 21 genannt, die sich in geistiger Behinderung und körperlichen Fehlbildungen zeigt. Starke Leistungen sind dennoch möglich. Im Juni wird Annabelle die jüngste Teilnehmerin bei den Special Olympics in Berlin sein. Dabei ist ihr Muskeltonus eher schwach, sagt Vater Markus Tschech-Löffler. Das gehört zum Krankheitsbild. Dennoch geht Annabelle einmal in der Woche zum Turntraining beim Sportverein Einheit Borna in die Dinterhalle, wo sie anderthalb Stunden in Bewegung ist. Dazu kam das Mädchen, das drei Geschwister hat, über ihre 16-jährige Schwester Schwester Marielle. Annabelle turnt am Reck und auf dem Balken, macht aber auch Bodenturnen, und sie springt. „Ich kann Spagat“, sagt sie, hüpft vom Stuhl auf und zeigt es spontan dem Redakteur. „Und Handstand kann ich auch.“ Das ist in jedem Fall etwas Besonderes, weiß Michaela Ottlik, Abteilungsleiterin Turnen und Annabelles Trainerin bei Einheit Borna. „Alles, wo man etwas koordinieren muss, ist für sie sehr schwer.“ Das gilt auch, wenn es darum geht, die Balance zu halten. Bei Annabelle gehe es nicht um die Leistung, sondern darum, dabei zu sein. „Das liebt sie.“

Manchmal ist die Zwölfjährige beim Training erschöpft, dann braucht sie eine Pause. „Das ist normal“, macht Vater Markus klar. Dabei bleibt es eine Herausforderung, „dass Annabelle turnen geht“. Immerhin anderthalb Stunden jeden Donnerstag. Zusammen mit seiner Frau Mary ist er froh, dass Annabelle, die in ihren jungen Jahren bereits diverse Krankheiten überstehen musste, eine solche Entwicklung genommen hat. Und die Eltern betonen, dass das Spektrum der Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern mit einem Down-Syndrom recht groß ist. Was aus ihnen wird, hängt allerdings nicht von den Eltern ab. „Aber man muss schon hinterher sein“, sagt Mutter Mary. Annabelle kann viel, was ihr andere Leute womöglich nicht zutrauen würden, etwa Skifahren.

Gerade erst war sie mit ihren Eltern, ihren Schwestern Estelle und Marielle sowie dem sechsjährigen Bruder Jonathan im Winterurlaub. „Sie kann teilweise lesen und Texte abschreiben“, erzählt der Vater. Und weiter: „Sie kennt jeden Buchstaben.“ Alles andere als eine Selbstverständlichkeit.

Da ist viel Geduld gefragt. Die sechsköpfige Familie lebt so normal wie möglich. Gaststättenbesuche gehören dazu und auch Spielrunden. Annabelle hat ein Lieblingsspiel: „Mensch, ärgere dich nicht“. Zudem bastelt sie gern.

In diesem Jahr wird sie im Gerätturnen die jüngste Teilnehmerin der Special Olympic World Games in Berlin sein, zu denen 7000 Sportlerinnen und Sportler aus 170 Nationen erwartet werden. Bei den Special Olympics handelt es sich um eine vom Internationalen Olympischen Komitee offiziell anerkannte Sportbewegung für Menschen mit Handicap. Für die Teilnahme hat sich Annabelle bei den Special Olympics Bayern qualifiziert. Die Familie wird sie begleiten.

Bild- und Textquellenbezug: Leipziger Volkszeitung – Ausgabe 11/03/2023